„Momentan herrscht für uns alle definitiv eine Ausnahmesituation. Tagtäglich müssen wir reagieren, weil Entscheidungen der Händler vom Vortag, wie zum Beispiel die Fortsetzung von Umbauten auf der Fläche, am nächsten Tag schon nicht mehr gültig sein können.“ Die Aussage von Klaus Hummel, Geschäftsführer der Konrad Knoblauch GmbH aus Marktdorf, ist bezeichnend für die Situation, der sich zurzeit die meisten Ladenbauunternehmen ausgesetzt sehen.

 

Während Supermärkte gerade einen nie gekannten Ansturm von teilweise panisch agierenden Kunden erleben, haben andere Branchen, allen voran die Mode- und Lifestylehändler, mit massiven Auswirkungen von Geschäftsschließungen zu kämpfen. „Einige Händler, die ihre Geschäfte jetzt schließen müssen, werden vielleicht in nächster Zeit nicht mehr umbauen“, schätzt Carsten Schemberg, Geschäftsführer der Theodor Schemberg GmbH, die aktuelle Lage vorsichtig ein. Manche Händler, die gerade einen Geschäftsumbau eingeleitet haben, brechen ab oder drängen darauf, dass die Montagearbeiten während der Schließungszeit fertig gestellt werden. Der Stopp laufender Projekte kann aber auch andere Gründe haben: „Es geht von Quarantänefällen in der Bauleitung bis hin zur Reiseproblematik, weil Monteure schlicht nicht wissen, ob sie zur Baustelle kommen oder wieder zurück. Besonders dann, wenn wir im benachbarten Ausland tätig sind,“ so die Erfahrung von Klaus Hummel.

“Wir bewerten die Situation jeden Tag neu.” Carsten Schemberg, Theodor Schemberg Einrichtungen GmbH

Die Ladenbaubranche sieht sich zurzeit mit der Situation konfrontiert, dass sowohl Händler als auch Lieferanten laufende Verträge aussetzen und einzelne Kunden Zahlungen stoppen für Leistungen, die bereits erbracht wurden. Oft wird mit den Kunden zu Jahresbeginn über Volumina verhandelt, die in den Folgemonaten von den Ladenbauern abgearbeitet werden, berichtet Frank Wessels von Tenbrink Einrichtungen aus Stadtlohn: „Je mehr abgenommen wird, umso größer wird der Bonus.“

 

Wessels wertet es als großen Vorteil, dass Tenbrink alle Kundenaufträge just-in-time abarbeitet. Das verschaffe den Kunden erst einmal Luft, wenn sie die Leistung nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt abrufen wollen oder können. Sollte bereits Material für die Fertigung bestellt worden sein, müsse man natürlich über die Kosten reden. „Die meisten Aufträge können wir zurzeit hold-on setzen und arbeiten sie erst dann ab, wenn unsere Kunden die fertigen Teile benötigen.“

 

China liefert wieder

Bei der Münch+Münch GmbH ist man zuversichtlich, die Branchenkrise bewältigen zu können. „Die Auftragslage stellt sich für uns insgesamt noch gut da und wir werden den Betrieb aufrecht halten, solange es irgendwie geht“, sagt Geschäftsführer Konrad Münch. „In der Regel haben wir Rahmenverträge und können für unsere Kunden Ladenbauteile vorproduzieren, die nicht sofort an den POS ausgeliefert werden.“ Das Ladenbauunternehmen aus Frankfurt hat sein Hauptstandbein im Luxury-Bereich, hier sei die Lage weniger kritisch als im Fashion-Handel. Auch der Warenfluss von den Vorlieferanten bereitet dem Unternehmer bis jetzt noch keine Sorgen: „Wir bekommen demnächst sogar wieder einen Container aus China geliefert.“ Bei den Lieferanten aus Osteuropa stockt es allerdings, was vor allem mit der Abwicklung an den Grenzen zusammenhängt.

“Das erklärte Ziel ist, die Produktion aufrecht zu erhalten.” Konrad Münch, Münch+Münch GmbH

Von Vorlieferanten sind auch die Planungsbüros abhängig, die für ihre Retail-Kunden die Komplettabwicklung mit Vor-Ort-Montagen abwickeln. Das Büro Kinzel Architecture aus Schermbeck, das schwerpunktmäßig für Kunden aus dem Lebensmittelhandel arbeitet, bekommt aktuell die andere Seite der Corona-Krise zu spüren. Ihre Kunden fordern in Boom-Zeiten strikte Termineinhaltung. „Wir haben am Montag vier Monteure ins Ausland geschickt zu einem Lebensmittelhändler, der uns mit der Planung einer neuen Sortimentsabteilung beauftragt hatte. Wegen der momentanen Wartezeit an der Grenze und der damit verbundenen Kosten wollten wir diesen Termin verschieben, doch der Händler bestand auf Termineinhaltung,“ erzählt Valentina Kinzel. Weil momentan keine Baubesprechungen stattfinden können, läuft es an den Baustellen zurzeit meist langsamer als sonst.

 

Kunze Ladenbau in Elmshorn hat seinen Branchenschwerpunkt im Fashion-Handel und zählt namhafte Unternehmen wie L+T in Osnabrück und CJ Schmidt zu seinen Kunden. „Die Mehrzahl unserer Kunden hat die Planungen für dieses Jahr zurückgestellt. Sie wollen jetzt erstmal abwarten, was passiert“, sagt Geschäftsführer Dirk Kunze. Von den Planungen, die dann im Sommer zur Ausführung gekommen wären, liegen jetzt viele auf Eis. „Wir haben das große Glück gehabt, dass wir mit unseren Montagen zum überwiegenden Teil gerade noch fertig wurden. Vor zwei Wochen haben wir an allen Baustellen noch gekämpft, weil die Händler mit ihrer neuen Ware in die Läden rein wollten.“ Andererseits habe es aber auch Vorteile, wenn während des Zeitraums der Ladenschließungen vor Ort montiert werden kann. Dann lässt sich der Umbau beschleunigen und es ist alles fertig, wenn der Store wiedereröffnet.

“Momentan herrscht für uns definitiv eine Ausnahmesituation. ” Klaus Hummel, Konrad Knoblauch GmbH

 

Notfall-Szenarien

Angesichts der drohenden Umsatzausfälle über einen längeren Zeitraum gehen alle Ladenbauunternehmer Notfallszenarien durch für den Fall, dass die jetzige Situation nicht mehr aufrechterhalten werden kann. „Je nachdem, wie sich unsere Kunden in den nächsten Wochen verhalten, werden wir logischerweise über Kurzarbeit nachdenken müssen. Im Moment helfen uns noch die Instrumente Überstundenabbau und Resturlaub,“ sagt Konrad Münch.

 

Bei Tenbrink hat man bereits für den Fall vorgesorgt und Kurzarbeitergeld beantragt, um diese dann schnell scharf stellen zu können, wenn sie tatsächlich benötigt werden. „Das ist alles geregelt und zielt darauf ab, handlungsfähig zu bleiben und nicht erst dann anfangen zu müssen, wenn die Probleme da sind“, so Wessels. Kunze Ladenbau überlegt ebenfalls prophylaktisch Kurzarbeitergeld anzumelden, zumal noch nicht sicher scheint, wie die Mittel gegebenenfalls verteilt werden.

 

Unterstützung zu allen Fragen im Zusammenhang mit der Coronakrise bietet der Deutsche Ladenbau Verband seinen Mitgliedern an. Angela Krause, die Leiterin der dlv-Geschäftsstelle in Würzburg, sieht die Hauptaufgabe des Verbandes zurzeit vor allem darin, Kontakt zu den Mitgliedern zu halten und aktuell die Stimmung aufzunehmen. Benötigte Informationen werden gebündelt und den Mitgliedsunternehmen mit weiterführenden Hinweisen zur Verfügung gestellt. „Uns bereitet es gerade Sorgen, dass die Branchen, auf die der Ladenbau bisher ausweichen konnte wie Messebau, Gastronomie und Hotellerie, im Moment ebenfalls mit Problemen zu kämpfen haben“, so Krause.

 

Wie lange der von der Regierung verordnete Stillstand noch dauert wird, kann zurzeit niemand sagen. Wenn die Schließungen nochmal um vier Wochen bis Ende Mai verlängert werden, dann wird das vielen Händlern an die Substanz gehen, so die Einschätzung der Handelsverbände.

Gastbeitrag Winfried Lambertz, Chefredakteur stores & shops, www.stores-shops.de