14. September 2020 | Retail Marketing, Shopping Today

Was macht asiatische Onlinemarktplätze wie Wish, AliExpress und Joom bei deutschen Kunden so beliebt?

von Katja Laska (exklusiv für EuroShop.mag)

Längere Lieferzeiten, mögliche Hürden am Zoll – Marktplätze wie Wish, AliExpress oder Joom liegen trotzdem voll im Trend. Was macht die asiatische Konkurrenz von Amazon und Ebay so attraktiv für Deutsche?

Hände an einem Laptop; copyright: unsplash

©unsplash

Schaut man sich die deutsche virtuelle Shopping-Landschaft an, fällt der Blick natürlich erstmal auf Riesen wie Ebay und Amazon. Die großen Zwei bekommen allerdings zunehmend Konkurrenz aus Asien. Onlinemarktplätze wie Wish, Joom und Aliexpress sind ihnen auf den Erfolgs-Fersen und buhlen um die Beliebtheit bei den Kunden – und das nicht schlecht. Ein kleiner Vergleich: Ebay verzeichnete im Dezember 2019 856 Millionen Visits, Aliexpress besuchten 600 Millionen Shopper. Auch Wish verzeichnete in diesem Monat ein Besucherhoch von 112 Millionen.

Vorweg zu den Marktplätzen an sich: Bevölkerungsweit wird Wish, eine Plattform mit dem Fokus auf Mobile Shopping via App am häufigsten zum Browsen angesteuert, gefolgt von Ali-Express und Joom. Bestellt wird allerdings eher bei Plätzen wie Chinabrands und Banggood.

Doch was macht die Anbieter aus Fernost so anziehend für die Deutschen? Diese Frage haben sich auch die beiden Autorinnen der aktuellen ECC-Club-Studie 2020 gestellt und unter dem Titel „Abenteuer, Nervenkitzel oder Risiko? Warum Kunden bei Wish und Co. bestellen“ das Shopping-Verhalten von rund 1.200 Verbrauchern unter die Lupe genommen.

Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Es gibt zwischen den „üblich genutzten“ und den „neu entdeckten“ Marktplätzen einige Unterschiede. Von ersteren ist man Sicherheit, Schnelligkeit und Service gewohnt. Doch ist das wirklich ausschlaggebend für den Einkauf? Landen Produkte im Fernost-Warenkorb, müssen sie bis in den deutschen Haushalt einen weiten Weg zurücklegen. Auch bei der Qualität des Gekauften gibt es öfter Verbesserungsbedarf. Ein weiteres Manko: mögliche Gebühren durch den Zoll. Alles Punkte, die von einem Kauf in Fernost abschrecken sollten, doch gerade Lieferzeiten und mangelnde Qualität scheinen diesen Effekt nicht zu haben. „Interessant ist, dass Käufer*innen [diese] zum Teil bewusst in Kauf nehmen, wenn der Preis entsprechend günstiger ist”, heißt es in der Studie. 73 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen günstige Preise häufig wichtiger sind als eine schnelle Lieferung. 68 Prozent würden sogar wochenlange Lieferzeiten in Kauf nehmen, wenn das gewünschte Produkt in Deutschland deutlich teurer ist. Auch das Retournieren könnte hier eine Rolle spielen, denn oft erhält man problemlos und schnell Geld erstattet, ohne dass man das bestellte Produkt tatsächlich zurückschickt. Laut der Forscherinnen ist schlussendlich auch die Exklusivität der Produkte, die es in Deutschland häufig nicht gibt, der Haupt-Nutzungsgrund für fernöstliche Plattformen.

paketstapel in einem Lieferwagen

Zalando, Amazon & Co. bekommen immer mehr Konkurrenz aus Fernost // ©unsplash

Weitere Charakteristika, die ausschlaggebend sein könnten, werden mit der Frage „Was wünschen sich die Kunden?“ beantwortet: Amazon und Ebay halten sich an Convenience und punkten so. Wish und Co. beantworten die Frage etwa anders und setzen auf Schnäppchen und Inspirationen. 71 Prozent nutzen Wish und Co., weil sie gerne bei den Anbietern stöbern. Unter den Heavy China Shoppern sind es sogar 86 Prozent der Befragten. „Einige Käufer*innen geben sogar an, dass sich die Nutzung der neuen Marktplätze wie eine Sucht anfühlt, da sie stundenlang Zeit auf diesen Websites verbringen. […] Hinzu kommt der Nervenkitzel, ob und wann das bestellte Paket ankommt. Manche verspüren sogar eine „Vorfreude wie an Weihnachten”.” Bei den Bestellungen spielen folglich emotionale Motive statt funktionalen (wie bei Amazon) eine Rolle. Um diese zu bedienen, ziehen die Marktplätze gekonnt „Strippen”: Datengetriebene Marketinginstrumente kommen zum Einsatz. Allein laufende Countdowns sollen etwa ein Drittel der Käufer dazu verleiten, sofort zu bestellen. Aber auch Coupons und Rabatte werden gerne genutzt. „Insgesamt ist die Nutzung der neuen Marktplätze eher preisgetrieben und Wish und Co. setzen genau an diesem Punkt an, um ihre Kund*innen zu gewinnen“, schreiben die Forscherinnen.

Wo geht die Reise hin?

Die Studie zeigt: Die Aufholjagd beginnt, um wirklich am Rennen um die Kunden teilzunehmen, müssen die asiatischen Konkurrenten aber noch einen Zahn zu- beziehungsweise eine Schippe drauflegen. Bisher läuft es eher nach dem Motto: „Appetit holt man sich woanders, gegessen wird zuhause”, denn die meisten Alltagsbestellungen verzeichnet bisher immer noch Amazon. Die Teilnahme am Wettlauf ist allerdings keineswegs aussichtslos, denn Kundenbedürfnisse in Form von Inspirationsmöglichkeiten und niedrigen Preisen wollen erfüllt werden. Das schaffen Amazon und Ebay bisher nicht so wie Wish, Joom und AliExpress. Werden dann noch die Qualitäts- und Liefer-Mankos in Angriff genommen, die viele deutsche Shopper abhalten, ist ein Platz auf dem Kunden-Siegerpodest nicht ausgeschlossen.

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