27. Januar 2021 | Retail Technology, Shopping Today

Konzepte, die Kunden eine virtuelle Anprobe erleichtern und Retouren verringern

von Katja Laska (exklusiv für EuroShop.mag)

Onlineshopping steht bei vielen Kunden hoch im Kurs, denn es ist oft schnell, unkompliziert und einfach. Insbesondere Kleidung landet oft im virtuellen Warenkorb. Dabei allerdings die richtige Größe zu erwischen, ist nicht immer leicht. Damit das besser klappt und es nicht zur lästigen Retoure kommt, gibt es immer mehr Größenberater, die dabei helfen sollen, das passende Kleidungsstück zu finden.

Retoure – wohl das Unwort für viele Onlinehändler. Dieses lässt das boomende Onlinegeschäft im Vergleich zum stationären Einzelhandel schlecht aussehen. „Größenbedingte Retouren sind ein riesiges Problem, was den Händlern immer höhere Kosten verursacht. Parallel dazu kaufen Kunden in der Fashionbranche immer öfter mit Blick auf Nachhaltigkeit und wollen ihren negativen Einfluss auf die Umwelt möglichst geringhalten”, erklärt Leon Szeli, Gründer- CEO des Münchener Start-up Presize. In die gleiche Kerbe schlagen die israelischen Kollegen von MySizeID: „Gerade in der heutigen Zeit, in der die Verbraucher die Onlineshopping-Seiten viel stärker nutzen als früher und die Rückgabequote dramatisch ansteigt, brauchen sowohl Kunden als auch Einzelhändler ein Tool zur Größenempfehlung auf ihrer Website, um die Rückgabequote zu senken und das Vertrauen der Verbraucher zu stärken”, sagt Ronen Luzon, CEO von MySizeID. Auch das Modeunternehmen bonprix möchte die Warenrücksendungen minimieren und setzt hierfür auf das Berliner Start-up Fit Finder. „Durch den Fit Finder bekommen unsere Kund*innen ein besseres Gefühl dafür, welche Größe die richtige für sie ist. Und im besten Fall besteht dann keine Notwendigkeit für sie, einen Artikel zurückzuschicken, weil er nicht passt. Seit Anfang April 2020 beobachten wir eine Zunahme bei der Nutzung, was mit Blick auf COVID-19 hilfreich ist, da durch die Verwendung dieses Tools unnötige Wege zur Paketannahmestelle vermieden werden können”, meint Stephanie Murroni, Digital Product Managerin bei bonprix.

Ein vorrangiges Ziel, drei Herangehensweise. Was unterscheidet die Lösungen voneinander?

Messen im Handumdrehen?

„Die perfekte Kleidergröße mit nur einer Umdrehung vor deinem Smartphone” – Damit wirbt Presize. „Unsere Lösung bietet Händlern eine Möglichkeit, um Retouren zu reduzieren, die Conversion zu erhöhen und ihr Unternehmen nachhaltiger zu machen”, sagt Szeli. Die Lösung ist ein „Knopf”, der in einem Modeshop integriert wird. „Händler brauchen lediglich einen funktionierenden Onlineshop und den Wunsch nach gewinnbringender Digitalisierung”, erklärt Szeli. Auch die Handhabung für Kunden ist simpel. Nötige Utensilien: Ein Smartphone samt funktionsfähiger Kamera. „Wir ermöglichen Kunden mit nur einer Umdrehung vor dem Smartphone ihre perfekte Größenempfehlung zu erhalten”. Die Nutzer aktivieren Presize im Onlineshop, geben ihr Geschlecht, Körpergröße, Alter sowie gewünschte Passform auf einer Skala zwischen „Eng”, „Normal“ und „Locker” an. Dann drehen sie sich einmal um die eigene Achse, wobei sie sich entweder von jemandem mit dem Smartphone filmen lassen oder das Mobile Device an einer stabilen Stelle abstellen und sich selbst aufnehmen. Das Programm erstellt nach der Aufnahme auf Basis des Videos ein 3D-Modell und berechnet die Maße des Nutzers und der auf KI basierende Algorithmus sucht die passenden Anziehsachen heraus. Kunden können auch per App oder auf der Homepage von Presize das gleiche Verfahren durchlaufen und erhalten eine Size-ID sowie ihre individuellen Körpermaße und werden über neue Partner-Shops des Größenberaters auf dem Laufenden gehalten.

Nicht fragen, einfach sagen?

Auf der Homepage heißt es: „Wir fragen Ihren Käufer nicht nach seiner Größe. Wir sagen ihnen ihre Größe.“ Auch MySizeID arbeitet hierfür mit einer Size-ID und Smartphone, jedoch ausdrücklich ohne den Einsatz einer Kamera. „Kunden können sich mit unserer patentierten nicht-invasiven Technologie messen, um eine ID zu erhalten”, erklärt Ronen. Auch diese Lösung kann in jedem Onlineshop integriert werden. „Händler müssen nur sehr wenig zur Verfügung stellen, nämlich die Größentabellen der Artikel, die sie anbieten, und wenn sie diese nicht haben, können unsere Modespezialisten bei MySize ihnen helfen, diese zu erstellen”, sagt Ronen. Ist das passende „Welche Größe haben Sie?”-Widget auf der Homepage installiert, können die Shopper beraten werden. Sie werden gebeten die mobile MySizeID-App herunterzuladen, die sie durch einen schnellen Prozess der Maßerfassung führt. Durch einen Vergleich der Größentabellen ihrer Waren mit den Maßen der Einkäufer zeigt die App ihnen dann die korrekte Größe für das gewählte Kleidungsstück.

Fragen, erkennen, verkaufen?

Screenshot des Größenberaters Fitfinders; copyright: bonprix/FitFinder

©bonprix/FitFinder

Der von Fit Analytics entwickelte Online-Größenberater „Fit Finder” rät den Händlern: „Solve Sizing. Sell Smarter”. Diese Lösung kann, so wie die anderen, auf den Produktdetailseiten von Onlineshops eingebettet werden, setzt jedoch im Unterschied zu den anderen Anbietern auf einen etwas längeren Fragebogen. Wählt der Kunde oder die Kundin ein Produkt im Shop aus, lässt sich dort der „Fit Finder” öffnen und erfragt in Schritten die nötigen Informationen: Größe, Gewicht, Bauch-, Hüftform, BH-Größe, Alter, bevorzugte Passform der Kleidung sowie beliebte Marken anderer Anbieter müssen angegeben werden. Ist all das ausgefüllt, folgt die Größenempfehlung. Die individuelle Größenempfehlung wird auch unter Zuhilfenahme anonymisierter Kauf- und Retourendaten generiert. Der selbstlernende Algorithmus erkennt, welche Größe ähnliche Kunden in der Vergangenheit mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gekauft und nicht retourniert haben.

Welche Methode ist hier wohl die erfolgsversprechend? Funktioniert die Beratung per Fragebogen, Kamera oder nicht-invasiv am besten? Das sind wohl Fragen, die zu allererst die Kunden für sich beantworten müssen. Anhand ihres Nutzerverhaltens, ihrer Bestellungen und im Umkehrschluss natürlich auch der retournierten Waren können Onlinehändler schlussendlich auch Rückschlüsse für Ihr Angebot und die Verbesserung des Kundenerlebnisses schließen. Die drei aufgeführten Methoden sind auch nur drei von mittlerweile sehr vielen auf den Onlineshopping-Seiten. Gerade in der jetzigen Situation, in der der Vormarsch des E-Commerce noch angefeuert wird, ist es denkbar, dass sich virtuelle Anproben grundsätzlich durchsetzen werden und die Angebote noch weiterwachsen. Auch der Einsatz künstliche Intelligenz, selbstlernende Algorithmen sowie der Umgang mit großen Datenmengen in dieser Branche, um die Customer Journey immer weiter zu optimieren, sprechen dafür.

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