6. Januar 2021 | Energy Management, What´s new in Retail

Beleuchten, Kühlen, Lüften – Einsparpotenzial bei Energieverbrauch

von Julia Pott (exklusiv für EuroShop.mag)

Das Energiemanagement in Einzelhandelsfilialen befindet sich in einem laufenden Optimierungsprozess. Insbesondere in der Senkung der Energieverbräuche für Kältetechnik, Beleuchtung und Klimatisierung beziehungsweise Lüftung liegen noch große Potenziale. Dies stellt die EHI-Studie ‚Energiemanagement im Einzelhandel 2020‘ fest.

Erkenntnisgewinn durch Monitoring

Infografik zu Energieeinsparpotenzialen in Einzelhandelsfilialen

© EHI

Durch Monitoringsysteme ist hier im Laufe der vergangenen Jahre eine immer größere Transparenz entstanden. Märkte mit hohen Energieverbräuchen werden über diese erkannt und entsprechende Energieeffizienzmaßnahmen können eingeleitet werden. Professionelles Energiemonitoring hat bereits bewiesen, dass so erhebliche Energieeinsparpotenziale in Handelsfilialen identifiziert werden können.

Laut der aktuellen EHI-Studie entfallen im Lebensmittelhandel beispielsweise etwa 30 Prozent des Wärmeenergie-Einsparpotenzials auf intelligente Steuerungs- und Regelungssysteme für Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen. Dort, wo besonders viel Energie verbraucht wird, sind die Einsparpotenziale am höchsten. Daher ist das Monitoring sowie die automatisierte Steuerung und Regelung von Kälteanlagen im Food-Sektor von besonderer Relevanz.

Wie rechnen sich solche Investitionen für kleine und große Firmen? Benjamin Chini, Projektleiter Forschungsbereich Energiemanagement des EHI Retail Institute und Autor der EHI-Studie, erklärt: „Für große Unternehmen sind übergreifende Energiemanagement-Maßnahmen wie die Installation von Monitoringsystemen lohnenswert. Bei kleineren Unternehmen übersteigen die Investitionskosten für solche Monitoringsysteme – nach Aussagen der Händler – häufig die zu erwartenden Einsparungen. Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bestehen aber grundsätzlich umfangreichere Fördermöglichkeiten und -programme.“

Welche Maßnahmen treffen Einzelhändler?

Im Rahmen der EHI-Studie ‚Energiemanagement im Einzelhandel 2020‘ wurden Lebensmittelhändler gefragt, welche Maßnahmen sie in ihren Bestandsfilialen einsetzen, um Strom- und Wärmeenergie zu sparen. 76 Prozent der Befragten setzen Stromeinsparmaßnahmen im Bereich Klimatisierung, Lüftung und Heizung durch Investitionen in energieeffizientere Technologien um. 59 Prozent investieren in regenerative Maßnahmen, um den Bezug aus dem Stromnetz zu verringern.

Zur Einsparung von Wärmeenergie investieren alle Befragten in Wärmerückgewinnungssysteme, viele in intelligentere Steuerungssysteme für die Filialbeheizung und einige in Maßnahmen an der Gebäudehülle oder in regenerative Wärmeerzeugung und Wärmespeicher.

In Bestandsobjekten werden die Einsparpotenziale durch einige Aspekte limitiert wie Verantwortlichkeiten, Standort und Zustand von Bausubstanz und Anlagentechnik. Ganz andere Möglichkeiten zur Energieoptimierung bestehen in Neubauprojekten. Hier können zum Beispiel durch einen hohen Dämmstandard sowie die Nutzung der thermischen Bauteilaktivierung von Beginn an optimierte Bedingungen für einen energieeffizienten Filialbetrieb geschaffen werden.

„In KMU ist Energiemanagement Chefsache. Das heißt, nur wenn die Eigentümer eine Affinität für das Thema mitbringen und sich entsprechend beraten lassen, wird das Thema auch konsequent verfolgt. Es gibt mittlerweile zahlreiche Leitfäden und Initiativen (unter anderem von EHI, HDE und dem Mittelstandsverbund), die sich an den Mittelstand richten, um zu einer Erhöhung der Energieeffizienz beizutragen“, rät Chini.

Großes Energie-Einsparpotenzial bei der Beleuchtung

Auch in der Beleuchtung liegen immer noch große Einsparpotenziale, zum Beispiel durch die Umstellung auf moderne LED-Technologie. Allein für den Lebensmittelhandel werden 38 Prozent des noch vorhandenen Einsparpotenzials im Bereich Strom der Beleuchtung zugeordnet. Die Potenziale liegen nach Einschätzung der Händler vor allem in bisher unsaniertem Filialbestand sowie teilweise im Bereich intelligenter Steuerung und Regelung von Beleuchtungssystemen.

Infografik zu Stromeinsparpotenzialen im Lebensmittelhandel

© EHI

In großen Filialnetzen unterliegen die einzelnen Filialen gewissen Sanierungszyklen. Es werden also nur in seltenen Fällen in allen Filialen gleichzeitig neue Beleuchtungssysteme installiert. Das zeitliche Auseinanderfallen der Sanierungen in großen Filialnetzen ist der Hauptgrund für das immer noch hohe Strom-Einsparpotenzial in der Beleuchtung.

Das Potenzial intelligenter Steuerungssysteme für Beleuchtungstechnik hingegen ist für die gesamte Branche schwer zu beziffern. Dass hierdurch Strom gespart werden kann, zeigen jedoch zahlreiche Anwendungsfälle.

Im Nonfood-Sektor entfallen sogar fast 60 Prozent des Stromverbrauches auf die Beleuchtung. Hier liegen also ebenfalls noch beachtliche Einsparpotenziale brach. Allerdings sind Investitionen in moderne Lichtsteuerungssysteme nicht für jeden Anwendungsfall sinnvoll. Es kommt stark darauf an, welche Funktionen für die individuellen Zwecke als relevant erachtet werden beziehungsweise wie hier die individuelle Kosten-Nutzen-Rechnung ausfällt.

Vorteile intelligenter Licht- und Gebäudesteuerung

Intelligente Lichtsteuerung hat deutlich mehr Funktionen als das Einsparen von Energie. Neben stromsparenden Tageslichtsensoren und beispielsweise einer schrittweise steigenden Beleuchtungsintensität beim morgendlichen Betriebsbeginn, gibt es noch zahlreiche weitere Möglichkeiten, die moderne Beleuchtungssysteme bieten. Es können nicht nur Beleuchtungsszenarien voreingestellt werden, sondern Leuchten können auch über W-Lan direkt situationsbedingt kommunizieren. Der Funktionsumfang kann von Positionierungssystemen im Markt bis hin zu Alarmfunktionen reichen. Ein solcher Funktionsumfang erfordert jedoch einen entsprechenden Bedarf und somit auch eine Investition, die sich nicht nur über eingesparte Energie rechtfertigen lässt.

Durch die Nutzung künstlicher Intelligenz sowie selbstlernender Gebäudesteuerungssysteme können zukünftig noch beachtliche Effizienzsteigerungen erschlossen werden. Schon heute gibt es Systeme, die aus einer Vielzahl von Faktoren – wie aktuelle Wetterdaten, Anzahl der Personen im Gebäude etc. – optimierte Strategien für den Gebäudebetrieb ableiten und laufend weiterentwickeln.

Um die Potenziale zu erschließen, die in derartigen Systemen liegen, ist eine hohe Transparenz und ein hohes Ausmaß an Kommunikation und Kooperation erforderlich. Die technischen Systeme müssen in der Lage sein untereinander zu kommunizieren. Es muss also ein möglichst herstellerunabhängiges Schnittstellenmanagement geschaffen werden.

Neben anbieterübergreifenden Kooperationen, ist auch das Thema Datenschutz zu berücksichtigen. Je mehr Informationen auf Internetplattformen zusammengeführt, ausgewertet und genutzt werden, umso besser müssen auch die Systeme zum Schutz dieser Informationen sein.

Investitionen in energiesparende Maßnahmen und Technologien sind sinnvoll, müssen aber auch gut abgewogen werden. Kapitalintensive Investitionen in Kältetechnik oder Klimaanlagen sowie regenerative Eigenstromerzeugung amortisieren sich beispielsweise nicht so schnell wie Investitionen in LED-Technologie, stellt die EHI-Studie fest. Benjamin Chini wünscht sich von der Politik dafür eine „kluge Mischung aus zielgerichteten und wirksamen Förderprogrammen sowie den Klimazielen zuträglichen Marktanreizen. Die Komplexität des Energierechts nimmt laufend zu. Dies wirkt sich lähmend auf die Energiewende aus“.

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