24. Februar 2021 | Retail Technology, Visions of Retail

Moderne Technologien helfen bei der Zustellung

von Katja Laska (exklusiv für EuroShop.mag)

Der Zustellzeitpunkt ist ungünstig, der Paketbote trifft niemanden an, das Paket landet irgendwo anders im Haus – das sind nur einige der vielen Hürden, die es bei der Zustellung zu nehmen gilt. Eins steht fest: Sie ist eine der größten Herausforderungen im boomenden Onlinehandel. Damit Händler und Kunden sie gut meistern, kommen immer mehr Alternativen zum herkömmlichen Boten zum Einsatz, die die Zustellung von Päckchen leichter, schneller und flexibler gestalten. Wir haben uns einige Beispiele und Vorreiter für smarte Lieferungen angeschaut.

Fast Schnee von gestern, aber definitiv Vorreiter: aha.is.: Der isländische Lieferservice setzt seit 2018 als erster in Europa auf die Zustellung aus der Luft. In der Hauptstadt Reykjavík bekommen die Kunden ihr Essen nicht vom Pizzalieferanten, sondern von einer Drohne gebracht. Die Bestellung läuft online wie bei vielen anderen Services auch, nur im letzten Schritt des Orderings können Kunden die Option „Per Drohne liefern lassen” auswählen. Die kleinen Drohnen fliegen die Bestellung zum nächsten festgelegten Lieferpunkt oder sogar in den heimischen Garten. Sobald die Lieferung am geplanten Ziel angekommen ist, erhält der Empfänger eine SMS, bestätigt die Lieferung und die Drohne senkt die Ware mit einem langen Draht auf den Boden.

 

Online und offline – technisch auf Zack

Was lange währt, wird endlich wahr: Viele Jahre tüftelte Online-Marktplatz-Riese Amazon an dieser Art der Zustellung, zwischenzeitlich schien die Idee von Jeff Bezos in der Versenkung zu verschwinden, nun scheint es endlich soweit zu sein. Sieben Jahre nach dem Startschuss für die Testphase gab die amerikanische Flugaufsicht grünes Licht für die Auslieferung via Drohne. Damit reiht sich Amazon in die Riege von Unternehmen wie UPS und Google-Mutterkonzern Alphabet ein, die bereits 2019 die Erlaubnis zur kommerziellen Belieferung auf diesem Wege erhalten hatten. Die vollautomatischen und vollelektrischen „Prime Air”-Flugroboter sollen dabei einen besonders schnellen Job machen. Amazon verspricht Prime-Kunden, dass sie ihre Pakete im Umkreis von drei Kilometern innerhalb von 30 Minuten in den Händen halten können. Dies wird allerdings zurzeit noch getestet.

Hellblaues Haus mit brauner Holztür und Box vor der Tür; copyright: Walmart

©Walmart

Ein stationärer Riese des amerikanischen Marktes fischt auch schon länger in smarten Gefilden: Walmart testete im Sommer 2019 bereits mit dem Fahrzeughersteller Gatik selbstfahrende Autos für die Lieferung zum Kunden sowie für den Warentransport in Filialen auf einer Zwei-Meilen-Strecke in Bentonville, Arkansas. Nachdem 70.000 Meilen mit Sicherheitsfahrer zurückgelegt wurden, ging das Unternehmen Ende 2020 einen Schritt weiter und lässt autonome Mehrtemperatur-Kastenwagen nun fahrerlos auf dieser Strecke fahren. Außerdem werden „Autonomous Box Trucks” gerade in Lousiana auf einer längeren Lieferroute erprobt und bringen Supercenter-Bestellungen der Kunden an einen gewünschten Walmart-Abholpunkt. Schon zu Beginn des Tests, sagte Tom Ward, Senior Vice President Digital Operations bei Walmart US: „Wir wissen, dass unsere Kunden wenig Zeit haben und uns jetzt mehr denn je brauchen […]. Es besteht kein Zweifel, dass Kunden den Komfort lieben. Deshalb testen wir neue und innovative Funktionen, die uns noch besser machen und die Zukunft des Einzelhandels für alle gestalten.” In diesem Sinne geht es auch 2021 weiter: Ab diesem Frühjahr wird – wieder in Bentonville – eine neue Idee am Kunden ausprobiert: Einkäufe werden in einer temperaturgesteuerten SmartBox, die gemeinsam mit dem Unternehmen HomeValet entwickelt wurde, und fest vor dem Haus installiert werden kann vor der Tür abgelegt – sicher, kontaktlos und frisch. Wie das geht? Die SmartBox wird mittels IoT-Plattform mit drei temperaturgesteuerten Zonen angetrieben, in der gefrorene und gekühlte Lebensmittel sowie Vorräte ordnungsgemäß aufbewahrt werden können. 1

Neues Logistik-Kapitel dank IoT?

Device in Smartphone-Format vor Liefer-Box; copyright: Fraunhofer IML

©Fraunhofer IML

Aber nicht nur die reine Zustellung, auch der Weg bis zum Kunden kann smart gestaltet werden. Digitalisierung der Lieferkette ist hier das Stichwort. Dieser Aufgabe haben sich neben vielen anderen auch Dortmunder Wissenschaftler verschrieben. Mit dem „Blockchain Device” bringen sie einen zukunftsweisenden Prototyp zur Überwachung temperaturempfindlicher Waren wie Lebensmittel, Medikamente oder Impfstoffe entlang weltweiter Lieferketten auf den Markt. Gerade wird das Tool erprobt. Das Device ist lediglich 9 Millimeter hoch und ist mit Hardware, Software des Temperatursensors und Blockchain-Client eine komplette Neuentwicklung des Europäische Blockchain-Institut am Fraunhofer IML in Dortmund. Das Blockchain-fähige IoT-Device (Internet of Things) hat die Form einer Einsteckkarte, kann an jedem Punkt der Lieferkette eingesetzt werden und erfasst Echtzeitdaten entlang der Strecke. Positions- und Sensordaten rund um Temperatur, Lage und Beschleunigung dokumentieren die lückenlose Überwachung der Transportkette inklusive einzuhaltender Bedingungen. Wenn beispielsweise die Temperatur in der Kühlung nicht stimmt, meldet das Gerät dies unverzüglich der gerade verantwortlichen Person. Damit diese autonome Real-Time-Steuerung von Lieferketten klappt, werden alle nötigen Akteure der Blockchain hinzugefügt und erhalten Zugriff auf die Meldungen.

Die Institutsleiter des Fraunhofer IML (Institut für Materialfluss und Logistik), Prof. Michael Henke und Prof. Michael ten Hompel, sind sich einig: „Durch die Digitalisierung von Prozess- und Lieferketten und mithilfe künstlicher Intelligenz wird nicht nur in der Logistik ein neues Zeitalter eingeläutet. Digitale Plattformen werden zum zentralen Dreh- und Angelpunkt einer kommenden Silicon Economy”. Eine treffende Feststellung, die zurzeit ihre Anfänge hat. Einige Entwicklungen haben schon einen weiteren Weg zurückgelegt als andere, aber die Richtung ist bei allen gleich, das zeigen die aufgeführten Beispiele: Umdenken, weiterentwickeln, digitalisieren.

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