3. März 2021 | Retail Technology, What´s new in Retail

COVID-19-Pandemie befördert die SB-Technologie zusätzlich

(exklusiv für EuroShop.mag)

Im weltweiten Einzelhandel wurde im Jahr 2019 die Rekordzahl von rund 120.000 SB-Kassenterminals neu installiert – gut 50 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Die Wachstumsdynamik in diesem Markt wird auch künftig anhalten – das Londoner Marktforschungs- und Beratungsunternehmen RBR geht davon aus, dass sich die Zahl der global installierten Einheiten bis 2025 im Vergleich zum Status quo sogar verdreifachen wird.

Daran wird laut RBB auch die globale COVID-19-Pandemie nichts ändern. Im Gegenteil: „Der Anstoß, die enge Interaktion zwischen Kunden und Mitarbeitern auf ein Minimum zu beschränken, wird die Selbstbedienung stärken“, sagt Alan Burt, Leiter der vom RBR herausgegebenen Studie „Global EPOS and Self-Checkout 2020“.

Für diese Einschätzung sprechen auch die Erfahrungen der Technologie-Anbieter aus den vergangenen Monaten. „Der Wunsch der Konsumenten nach einem autarken Einkaufs- und Checkout-Prozess hat sich erhöht, und die Händler sind daher mehr als vor Corona bereit, SB-Lösungen zu installieren“, beobachtet Gernot Hugl, Vice President Retail DACH bei Diebold Nixdorf. „Die Pandemie hat die Nachfrage weltweit beflügelt, denn Self-Checkout und Self-Scanning bieten Händlern eine ideale technologische Möglichkeit, um Distanzregelungen einzuhalten und Kontaktpunkte zwischen Kunden und Mitarbeitern zu reduzieren“, ergänzt Stefan Clemens, Area Sales Leader bei NCR.

Starke Zuwächse auf allen Kontinenten

Treiber der Entwicklung – schon vor der Pandemie – ist nach wie vor der US-amerikanische Einzelhandel. Dort haben 2019 viele Unternehmen, zum Beispiel die Supermarktkette Wegmans und der Großhändler Costco, die SB-Technologie auf weitere Verkaufsstellen ausgeweitet. Hinzu kommen zahlreiche Neueinsteiger wie etwa der Convenience Store-Filialist Fast Phil’s.

Eine Person hält eine Packung Sushi vor den Scanner eines Selbstbedienungsterminals

© PantherMedia/frantic00

Insgesamt wuchs in Amerika die Zahl der Installationen laut RBR um 49 Prozent, im asiatisch-pazifischen Raum waren es 32 Prozent (jeweils 2019 zu 2018). Von im Vergleich allerdings deutlich geringerer absoluter Zahlenbasis ausgehend, hat sich in Europa die Zahl der Neuinstallationen sogar nahezu verdoppelt: 2019 wurden im EMEA-Raum 94 Prozent mehr SB-Einheiten aufgebaut als noch im Jahr zuvor.

„Speziell der Handel in Frankreich, Holland, Russland und Osteuropa verzeichnet hohe Wachstumsraten“, berichtet Stefan Clemens von NCR. Aber auch der in Sachen SB-Technologie traditionell eher zurückhaltende deutsche Einzelhandel hat seinen Teil dazu beigetragen. Im Vergleich zum Stand August 2017 erhöhte sich die Zahl der stationären Self-Checkout-Systeme in Deutschland bis Mitte 2019 um rund 85 Prozent. In etwas mehr als 900 Märkten waren zu diesem Zeitpunkt rund 4.760 SB-Kassen im Einsatz. Die meisten Terminals stehen den Kunden nach wie vor in den Ikea-Möbelhäusern zur Verfügung. Im Ranking folgen die Edeka-Gruppe, Kaufland und die Rewe-Gruppe. Außerhalb des Lebensmittelsektors sind SB-Kassen neben Ikea vor allem bei den Baumarkt-Betreibern Bauhaus und Hornbach zu finden.

Das Kölner Forschungsinstitut EHI, das die Zahlen für Deutschland erhebt, rechnet mit einem weiteren deutlichen Wachstum. „Die gute Kundenakzeptanz von Self-Checkout-Systemen wird sicher dazu führen, dass in naher Zukunft weitere Unternehmen diesen Service anbieten werden“, sagt EHI-Projektleiter Frank Horst.

Das gilt auch für die mobile Variante von SB-Systemen, bei denen die Kunden ihren Einkauf direkt am Regal einscannen, mit eigenem Smartphone oder mit vom Händler bereitgestellten Handhelds. Auch in Deutschland scheint diese Lösung langsam aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwachen. Jedenfalls hat sich die Zahl der Installationen von 2017 auf 2019 um 134 Prozent erhöht – auch hier allerdings ausgehend von einer sehr niedrigen Basis. Hauptverantwortlich dafür ist der SB-Warenhaus- und Baumarkt-Betreiber Globus, der einen Großteil seiner Märkte mit dieser Technik ausstattet.

Interesse an hygienischen Lösungen

Eine Frau benutzt ein Selbstbedienungsterminal

© PantherMedia/dmitrimaruta

NCR ist der Technologie-Anbieter mit den weltweit meisten Installationen. Auch an den neu ausgelieferten Systemen des Jahres 2019 ist NCR hauptbeteiligt, mit einem Anteil von 47 Prozent bzw. mit rund 58.000 ausgelieferten Einheiten. Zu den Handelskunden von NCR gehören unter anderem der US-Riese Walmart, die britische Lebensmittelkette Sainsbury’s, der polnische Discounter Biodronka und die Salling Group in Dänemark. In der Rangliste folgen Toshiba (24 Prozent der Installationen) sowie CCL Technology und Diebold Nixdorf (jeweils 7 Prozent der Installationen des Jahres 2019). SB-Terminals von Diebold Nixdorf finden sich unter anderem bei Ikea, Lidl UK, Coop UK, Carrefour und C&A sowie bei den deutschen Handelsgruppen Edeka und Bünting. Auch kleinere Anbieter wie etwa Fujitsu arbeiten mit bekannten Handelsnamen wie Target, Home Depot, JMR und S Group zusammen.

„Das Interesse an fortschrittlicheren Lösungen ist groß, mit denen es nicht mehr notwendig ist, einen Bildschirm zu berühren, mit Bargeld zu hantieren oder einen PIN einzugeben“, sagt Keith Gornall, Head of Self Service Solutions bei Fujitsu.

Auch das Thema Customizing wird immer wichtiger. „Der Retailer ist nicht bereit, die von den Anbietern entwickelten Prozesse einfach zu adaptieren – also müssen wir flexibel auf seine und die Gewohnheiten seiner Kunden eingehen“, erklärt Christoph von Lingen, Country Sales Leader Retail bei Toshiba.

Flexibel könnten sich die Anbieter auch in den Gesprächen über die Investitionskosten zeigen. Denn schließlich sollten Mengeneffekte, also die stetig steigende Zahl verkaufter Einheiten, bei den Herstellern den preislichen Verhandlungsspielraum erweitern. Ausgerechnet die COVID-19-Pandemie könnte außerdem dazu beitragen, die Investitionskosten des Händlers für SB-Systeme noch etwas übersichtlicher zu gestalten. Denn weltweit sinken die Bargeld-Quoten drastisch, weil immer mehr Konsumenten die hygienischere Karten- oder Smartphone-Bezahlung bevorzugen. Damit müssen mittelfristig auch weniger SB-Terminals mit den teuren und häufig sehr wartungsintensiven Bargeldmodulen ausgerüstet werden.

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