1. Februar 2023 | Energy Management, Interview, Leading Voices, Visions of Retail

Markus Adler von Code Gaia über Gesetze, CO2-Emissionen und Transparenz

von Julia Pott (exklusiv für EuroShop.mag)

Der kritische Blick auf die CO2-Emissionen und viele weitere Nachhaltigkeitsthemen nimmt zu. Um entsprechende Maßnahmen und die Kommunikation dieser kommt bald niemand mehr herum.

Aber um Einzelhändler zu unterstützen, werden auch viele Lösungen entwickelt. Markus Adler, CEO von Code Gaia, gibt Tipps, wie Retailer das Thema Nachhaltigkeit angehen können und welches innovative Produkt bei der Umsetzung von Maßnahmen helfen kann.

Markus, Code Gaia und Liganova sind eine Partnerschaft eingegangen. Wie kam es dazu?

Mann mit dunklem Pullover steht lächelnd vor einem Fenster, mit verschränkten Armen.

Markus Adler ist Co-Founder und CEO von Code Gaia. Das Start-up Code Gaia ist Teil der LIGANOVA Gruppe.
© Marc Schultheiß

LIGANOVA hat eine jahrzehntelange Expertise, was Retail und Brand Experience angeht. Die Company weiß genau, wie man holistische und nachhaltige Markenauftritte schafft. In den letzten drei Jahren hat sich das Unternehmen besonders dem Wandel des Retail hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaftszweig gewidmet. Und genau hier sind wir ins Gespräch gekommen.

Wir bei Code Gaia beschäftigen uns seit 2020 mit der dringlichen Frage: Wie lässt sich unternehmerische Nachhaltigkeit beschleunigen sowie messbar, transparent und belegbar machen?  Unsere Antwort ist eine Software-Lösung für Nachhaltigkeitsanalyse, -optimierung und -reporting.

Unser Ziel ist es, eine Transformation zu mehr Nachhaltigkeit zu schaffen, und das Ganze datenbasiert. Nur so gelingt in unseren Augen der erste und wichtigste Schritt hin zu einer authentischen Nachhaltigkeitstransformation und -kommunikation.

Dieses Knowhow haben wir nun unter einem Dach vereint: Gemeinsam haben wir eine schlüsselfertige Lösung kreiert, die den Retail in allen Facetten optimal erfasst und dabei den Wow-Effekt für einen eindrucksvollen Markenauftritt nicht außer Acht lässt.

Diese Partnerschaft deutet schon an: Zum Thema Nachhaltigkeit gehören nicht nur die Maßnahmen, sondern auch eine gelungene Kommunikation nach außen – Stichwort: Greenwashing.

Richtig, es gehört dazu, darüber zu sprechen und authentisch zu kommunizieren: Wo sind wir schon gut? Wo haben wir noch einen Weg vor uns?

Das Wichtigste ist dabei Transparenz: ehrliche und offene Kommunikation. Niemand erwartet, dass alle Unternehmen schon die perfekte CO2-Bilanz haben, sondern man sollte sich Ziele setzen. Zentral dabei ist auch, sich mit Stakeholdern auszutauschen, denn dadurch entsteht Glaubhaftigkeit. Meiner Erfahrung nach rutschen diejenigen ins Greenwashing ab, die keinen echten Dialog führen.

Warum ist Nachhaltigkeit für Unternehmerinnen und Unternehmer ein Thema, mit dem sie sich wirklich auseinandersetzen sollten?

Nachhaltigkeit wird zunehmend aus einer regulatorischen Sicht sehr wichtig. Basierend auf EU-Zielen werden in den Staaten einige Gesetzgebungen umgesetzt. Beispiele dafür sind das Lieferkettengesetz, die Corporate Sustainability Reporting Directive zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die EU-Taxonomieverordnung für nachhaltigere Investitionen und so weiter.

Neben den Ansprüchen von Endverbrauchern gehört auch die Suche nach Fachkräften dazu: Für junge Talente auf dem Arbeitsmarkt ist das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig.

Das Thema Nachhaltigkeit spielt auch auf der EuroShop, The World’s Leading Retail Trade Fair, eine zentrale Rolle. An den Messeständen der Aussteller, bei den Vorträgen auf den Stages und beim Erleben der Sonderflächen wird das Hot Topic Sustainability neben weiteren aktuellen Themen viel diskutiert.

Welche Rolle kommt dem Einzelhandel dabei zu?

Der Einzelhandel bietet die spannende Möglichkeit Nachhaltigkeit für Endkonsumenten erlebbar zu machen und mit ihnen in den Dialog zu kommen. Darüber hinaus ist allein in Deutschland der Einzelhandel laut einer HDE-Studie für 10,5 Megatonnen CO2 verantwortlich. Dort gibt es noch viel Optimierungspotential für nachhaltiges Wirtschaften.

Als Marke kann ich mit meinen Kundinnen und Kunden vor Ort interagieren und für sie greifbar darstellen:

  • Auf welchem Weg befinde ich mich in meiner Nachhaltigkeitstransformation?
  • Wie schlägt sich das in meinem Sortiment nieder?
  • Wie kann ich meinen Store nachhaltiger ausstatten?
  • Wie kann ich mich an dem Thema Kreislaufwirtschaft beteiligen?
  • Wie versuche ich meinen CO2-Fußabdruck zu verringern?

Wichtig ist, eine konsistente Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Patagonia macht das beispielsweise sehr gut, aber auch andere Outdoor- und Sportartikelhersteller.

Was bietet ihr für eine Lösung an, um das Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen anzugehen?

Wir unterstützen Unternehmen mit einer intuitiven web-basierten Softwarelösung. Sie erhebt verschiedene Nachhaltigkeits-KPIs, also im ökologischen, sozialen und ökonomischen Bereich. Und sie ermöglicht die schnelle Generierung von standardkonformen ESG-Reports* bzw. Nachhaltigkeitsberichten, sorgt also für Transparenz.

Das Ziel von Liganova ist es, ganzheitliche Nachhaltigkeitslösungen aufzubauen, die das gesamte Leistungsspektrum von Liganova abdecken, um eine nachhaltige Transformation von Brand und Retail sicherzustellen.

Diese Sustainability Solutions von Liganova werden jetzt ergänzt durch die neue CO2-Software für den Retail, den wir auf der EuroShop 2023 präsentieren werden. Gerade arbeiten wir mit ersten Pilotkunden zusammen, um Kundenfeedback einzuholen und die Bedürfnisse des Einzelhandels zu treffen.

CO2 Wolke

© Unsplash/Matthias Heyde

Gib uns doch schon mal einen kleinen Ausblick auf diese CO2-Software.

Der Retail-CO2-Rechner ist das erste Produkt seiner Art auf dem Markt. Mit diesem „Green Gen Calculator” können Einzelhändler ihre CO2-Emissionen sehr detailliert und granular analysieren sowie darauf basierend Optimierungspotenzial realisieren. Es handelt sich um eine web-basierte Lösung, mit denen man die CO2Daten verschiedener Projekte im eigenen Handelsunternehmen verwalten kann. Um die ganze Bandbreite abzudecken, entwickeln wir verschiedene Module: diese reichen von Store-Betrieb, Energiemanagement und Beleuchtung über Werbekampagnen und Eventmarketing bis hin zur Logistik.

Wir bündeln diesbezüglich alle Rohdaten, die von den beteiligten Lieferanten und Stakeholdern eingespeist werden, und generieren daraus einen ganzheitlichen Überblick über alle CO2 Emissionen im Retail-Bereich.

Wir werden diese Daten denn erfasst?

Zum einen zapfen wir vorhandene Daten-Pools in Unternehmen an, also Energiemanagementsysteme in Stores oder kumulierte Energiedaten beispielsweise.

Zum anderen bauen wir aber auch eine Interaktionsplattform für Lieferanten, damit diese ihre Emissionswerte und ihre Maßnahmen zur Reduktion angeben können.

Das heißt, die Basis für all das ist eine Zusammenarbeit und ein gemeinsames Interesse an Transparenz?

Genau. Wir spüren momentan, dass sehr viele Stakeholder dazu bereit sind und dass ein Interesse besteht ins Detail zu gehen. Diese Zusammenarbeit ist essentiell, da einige Informationen untereinander ausgetauscht werden müssen, um den Status Quo und Optimierungspotentiale für alle zu erheben.

Solarpanel und ein Windrad

© Unsplash/Nazrin Babashova

Hast du Tipps für Händler, die neu in das Thema einsteigen?

Man sollte die gesamte Wertschöpfungskette in Augenschein nehmen. Das ist eine Herausforderung, aber genau dafür arbeiten wir an unserer Lösung.

Ich empfehle auch, wenn man erste Zahlen zum eigenen Status Quo erhebt, sich mit anderen Organisationen zu vergleichen, um zu sehen, wo man steht. Dabei helfen öffentliche Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen. Auch über Optimierungsmaßnahmen in der Branche wird oft berichtet, da kann man sich Inspiration holen.

Ein „Quick Win“ kann es sein, die Möglichkeiten von Ökostrom zu erörtern. Kann ich Solarenergie nutzen? Kann ich auf Ökostromanbieter setzen? Das setzt nämlich die Scope-2-Emissionen, also Emissionen durch Energielieferanten, sofort auf null, damit hat man eine schnelle Verbesserung der CO2-Bilanz.

Mein wichtigster Rat wäre, einfach mal zu beginnen. Alles ist besser, als nichts zu tun. Fast jedes Unternehmen hat hier noch eine weite Reise vor sich.

 

* ESG steht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (verantwortungsvolle Unternehmensführung und soll Kriterien bereitstellen, die die Nachhaltigkeit einer Organisation bewertbar machen.

 

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