17. Mai 2023 | Retail Technology, ReTell, Visions of Retail

Echtzeitanalysen und Simulationen für fundiertere Entscheidungen

Eigentlich traumhaft: Bevor man Entscheidungen trifft, spielt man die Bedingungen und Konsequenzen virtuell durch. Fehler werden vermieden, Prozesse optimiert. Sogenannte Digital Twins (oder digitale Zwillinge) sollen Entscheidern und Mitarbeitenden in Unternehmen genau das ermöglichen. Eine „Twin-Win-Situation“?

Was ist ein Digital Twin?

Ein digitaler Zwilling stellt eine Art Modell zur Verfügung, das – gefüttert mit aktuellen Daten – einen virtuellen Blick auf eine reale Einheit erlaubt. Ein Beispiel: Mithilfe eines Modells, das den Aufbau und die Prozesse in einem Laden beschreibt, und Echtzeitdaten aus Kassen-, Warenmanagement- und Überwachungssystemen kann ein virtuelles Abbild – der digitale Zwilling – des Ladens erzeugt werden.

Wie kann ein digitaler Zwilling genutzt werden?

Mit diesem Digital Twin können beispielsweise Store Manager auf verschiedene Weise arbeiten:

  1. Sie können Daten, Abläufe und Erkenntnisse innerhalb eines Teams teilen.
  2. Vorgänge können in Echtzeit analysiert und gesteuert werden.
  3. Simulationen helfen dabei, Schwachstellen zu identifizieren und Variablen zu testen.

Noch sind Digital Twins in der Retail-Branche nicht sehr verbreitet. Zukünftig könnten sie aber eine große Rolle spielen, denn es gibt viele Bereiche, in denen Handelsunternehmen digitale Zwillinge anwenden können, um Erkenntnisse über ihren Betrieb zu gewinnen und so bessere Entscheidungen zu treffen. Einige Beispiele aus dem Einzelhandel sollen diese Bandbreite verdeutlichen.

Effiziente Kommunikation mit Mitarbeitenden und Partnern – und das global

Die Modemarke GUESS? setzt digitale Zwillinge von Matterport ein. Mithilfe dieser virtuellen Erfahrungen stärkt die Firma die interne und externe Zusammenarbeit. Werden neue Store-Layouts und Ladendesigns entworfen, können Filialmanagerinnen und -manager weltweit im virtuellen Modell über die Aktualisierungen informiert werden. Auch für die Ausbildung und Information neuer Mitarbeitenden werden digitale Zwillinge genutzt. „Egal, ob wir neue Angestellte einarbeiten oder unsere Ladendisplays aktualisieren, Markenkonsistenz ist entscheidend. Mit den digitalen Zwillingen von Matterport können die Merchandising-Teams in unserer Zentrale in Los Angeles klare Richtlinien für unsere Läden weltweit festlegen, während sich neue Beschäftigte leichter mit unserer Marke vertraut machen können“, erklärt Jacklyn De Antunano, Projektmanagerin für Training and Entwicklung bei GUESS, den Einsatz. So werden nicht nur Zeit, sondern auch Reise- und Versandkosten gespart.

Auch bei externen Shareholdern wie Einkäuferinnen und Einkäufern sowie Großhandelspartnern kommt die Technologie zum Einsatz. In virtuellen Showrooms können neue Kollektionen mit ausführlichen Produktinformationen und 3D-Detailansichten vorgestellt und vermarktet werden.

Augmented Reality: Verbesserungspotential sichtbar machen

Eine Frau nutzt einen digitalen Zwilling des Stores mit Augmented Reality; Copyright: Lowe's

© Lowe’s

Die Baumarktkette Lowe’s nutzt Technologie von NVIDIA, um mit Daten einer Filiale wie raumbezogene Informationen, Produktstandortdaten und historische Bestellinformationen eine virtuelle Nachbildung zu erzeugen. Mit diesem digitalen Zwilling sollen Mitarbeitende interagieren, um Abläufe zu optimieren und die Kundenerfahrung zu verbessern.

Lowe’s setzt dafür nicht nur auf Desktop-Computer, sondern auch auf Augmented-Reality-Technologie: Über das AR-Headset sehen Mitarbeitende, wie Regale befüllt sein sollten und können das mit der Realität im Laden abgleichen. Das erleichtert die Wiederauffüllung der Bestände. Aber auch bei der Ladenplanung kann AR zum Einsatz kommen. In 3D-Plänen können Mitarbeitende gemeinsam an der Filialeinrichtung und dem Store Layout arbeiten, Änderungen visualisieren und Vorschläge für andere sichtbar machen.

Mithilfe des digitalen Zwillings können Laufwege der Kundschaft in Heat Maps veranschaulicht und mit Verkaufsdaten abgeglichen werden, um Produktplatzierungen zu optimieren.

Simulationen im KI-Labor, um frische Lebensmittel zu liefern

Zusammenarbeit von NVIDIA und Kroger für digitale Zwillinge; Copyright: NVIDIA

© NVIDIA

Ebenfalls in Zusammenarbeit mit NVIDIA setzt die amerikanische Supermarktkette Kroger digitale Zwillinge ein. Neben der Verbesserung des Einkaufserlebnisses in Geschäften und logistischer Prozessoptimierung will Kroger mithilfe von virtuellen Simulationen in einem eigens eingerichteten KI-Labor das Frischeangebot perfektionieren: Durch Computer Vision und Analysetechnologien soll die Frische der Lebensmittel im Auge behalten werden. Und damit die Lebensmittel in bester Qualität bei den Kundinnen und Kunden ankommen, soll auch die Lieferkette von den Produzenten bis zur Zustellung unter die Lupe genommen werden. Hierfür kommt eine komplexe KI-Infrastruktur zum Einsatz.

Digitale Zwillinge in der Einzelhandelsbranche: Zukunftspotential

Die geschilderten Beispiele zeigen: Die Voraussetzung dafür, die Technologie gewinnbringen einsetzen zu können, sind viele relevante und zuverlässige Echtzeitdaten. Nur dann lassen sich durch Analysen und Simulationen aussagekräftige Einblicke gewinnen.

Digital Twins können an vielen Stellen im Handel und in der Lieferkette helfen, bessere Vorhersagen zu treffen und so fundiertere Entscheidungen zu treffen. Davon profitieren nicht nur Prozesse, Mitarbeitende und Entscheidungsträger. Größere Produktivität und effizientere Abläufe können auch zu einer besseren Customer Journey beitragen.

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