23. August 2022 | ReTell, Shop Fitting, Store Design & Visual Merchandising, What´s new in Retail

Einzelhandelsunternehmen, die ihre Umweltauswirkungen verringern wollen

von Julia Pott (exklusiv für EuroShop.mag)

Wir haben nur genau eine Umwelt. In Zeiten von zunehmenden Dürren, Waldbränden, Überflutungen und Stürmen wird uns das immer bewusster. Auch die Retail-Community erkundet, wie sie ihren ökologischen Fußabdruck verringern kann. Zur Inspiration haben wir einige Beispiele aus dem Bereich Ladenbau und Ladenausstattung gesammelt, die zeigen, wie Handelsunternehmen Energie und Ressourcen sparen.

Großer Store, kleine Umweltauswirkungen

Die britische Supermarktkette Morrisons gab im Juli dieses Jahres bekannt, dass sie einen „lower environmental impact store“ – einen Laden mit verringerter Umweltbelastung – in Little Clacton eröffnet hat. Neben regionalen und unverpackten Produkten lag der Fokus der Bemühungen auf der Architektur, dem Ladenbau und der Innenausstattung.

Ein Großteil des Materials, aus dem das vorherige Geschäft bestand, wurde wiederverwendet. Solarpaneele liefern erneuerbare Energie, statt Leitungswasser wird Regenwasser für Toiletten verwendet, die Abwärme von Kühlgeräten wird zur Beheizung der Fläche verwendet, moderne Kühlgeräte werden mit CO2 aus landwirtschaftlichen Abfällen betrieben und Elektromobilität wird gefördert – sowohl bei Lieferfahrzeugen als auch durch E-Ladestationen für Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende. So sollen der CO2-Ausstoß und der Ressourcenverbrauch deutlich reduziert werden. Zudem wurde außerhalb des Ladens eine Grünfläche angelegt, die Vögeln, Insekten und Kleintieren ein Zuhause bieten soll.

Was Morrisons anhand dieser einen Filiale vorstellt, ist ein ziemlich umfangreiches Konzept. Viele Handelsunternehmen bemühen sich in einzelnen Bereichen, die Umweltbelastung ihrer Stores zu verringern, beispielsweise indem sie Energie sparen.

Energie-Sparmaßnahmen: Sonne und Technologie nutzen

Im März 2022 kündigte Target, zweitgrößte amerikanische Handelskette an, einen Store in Kalifornien zu eröffnen, der – auch als Test für zukünftige Neubauten und Sanierungen – mehr erneuerbare Energie produziert, als er verbraucht. Es sollen innovative Lösungen getestet werden, die die Gebäudeemissionen reduzieren. Solarzellen auf dem Dach sollen Strom liefern, auch für die Heizungsanlage, die bisher mit Erdgas betrieben wurde, und die Kühltechnologie soll auf das natürliche Kältemittel Kohlendioxid umgestellt werden.

OKay Store in Gent; Copyright: Colruyt Group

OKay Store in Gent // © Colruyt Group

Die Colruyt Group achtet in ihren OKay-Filialen in Belgien, Frankreich und Luxemburg besonders auf den Energieverbrauch und die Emissionen. Die Handelskette gibt an, in vielen ihrer Filialen keine fossilen Brennstoffe, sondern stattdessen Sonnenenergie einzusetzen. Außerdem nutze sie Abwärme von Kälteanlagen für das Heizen, natürliche Kühlmittel und LED-Beleuchtung, um Strom zu sparen. Für die Fassade der Läden werde meist Farbe verwendet, die Schadstoffe aus der Luft abbauen kann: In Kombination mit Sonnenlicht wandelt die Farbe Stickoxide und Ozon in Nitrat und Sauerstoff um. Der Regen löst die Nitrate dann auf und wäscht sie weg. Zudem wären einige Dächer begrünt worden, was drei positive Effekte mit sich bringt: Die Sommerhitze wird besser aus dem Gebäude herausgehalten und weniger Energie wird zum Kühlen verbraucht, die Luft wird besser gereinigt und die Artenvielfalt gefördert.

Lidl hat sich in Frankfurt-Niederrad eine Innovation zunutze gemacht: „kluges“ Glas. Das intelligente Sonnenschutzglas kann sich bei Sonneneinstrahlung selbst verdunkeln und so weniger Wärme durchlassen. Dadurch wird weniger Energie zur Kühlung der Filialräume benötigt.

Zu den endlichen Ressourcen gehören nicht nur fossile Energieträger, auch Materialien wie Holz stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. Recycling ist hier ein wichtiger Ansatz, Upcycling – das Erschaffen etwas Höherwertigen, Neuen aus Abfällen – ist die Königsdisziplin der Nachhaltigkeit.

Upcycling: aus Abfällen Neues erschaffen

Benetton nachhaltiges Geschäft; Copyright: Benetton

© Benetton

Auch das italienische Modeunternehmen Benetton stellte im März 2021 in Florenz seinen ersten nachhaltigen Concept Store vor. Der Fokus lag hier auf dem Upcycling, also der Verwertung von Abfällen und gebrauchten Materialien. Der schicke Boden bestehe aus Kies aus dem Flussbett des Piave und Holzabfällen, die durch einen Sturm entstanden, so Benetton. Die Inneneinrichtung wie Mannequins, Dekorationen und die Füße der Kleiderständer wurden aus Fasern und Knöpfen von Altkleidern hergestellt, auch für Wand- und Deckenpaneele und Gipsfaserplatten wurden gebrauchte Gewebematerialien aus der Textilindustrie aufbereitet und wiederverwendet.

Die Londoner Modemarke Bottletop, die ihre Classic-Handtaschen aus Abfallprodukten wie metallenen Flaschenverschlüssen herstellt, hat dieses Upcycling-Prinzip auch für das Design eines Flagship-Stores in der Londoner Regent Street genutzt: Nach eigenen Angaben entstand so der erste 3D-gedruckte Laden aus Kunststoffabfällen der Welt. Recycelte Plastikflaschen wurden dafür zu Filamenten verarbeitet und aus diesem Material wurden dann von Robotern Schicht für Schicht im 3D-Druckverfahren Wandplatten produziert. Das Ergebnis beeindruckt:

Auch die australische Modekette Country Road hat ihr Geschäft in Chadstone mit dem Prinzip Upcycling und Kreislaufwirtschaft im Sinn ausgestattet. Sie nutzte dabei recycelte Parkettböden, Plastikabfälle aus dem Meer und vom Land für Einrichtungsgegenstände und Möbel, recyceltes Papier für Wandverkleidungen und alte Fischernetze für Teppiche. Der Prozess wurde vom Green Building Council of Australia – eine Organisation, die nachhaltiges Bauen fördert – begleitet und zertifiziert.

In vielen Bereichen – beim Ladenbau, bei der Innenausstattung und beim Einsatz von innovativen Technologien – fordert Nachhaltigkeit Investitionen von Unternehmen. Nicht zu vergessen ist aber, dass diese Investitionen auch ebensolche in die Zukunft sind.

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