13. Juni 2023 | Retail Marketing, ReTell, Shopping Today

Wie Unternehmen mit temporären Standorten Aufmerksamkeit erzeugen

von Jennifer Meyer (exklusiv für EuroShop.mag)

Etablierte Marken und aufstrebende Entrepreneurinnen und Entrepreneure haben längst erkannt, dass Pop-up-Stores Marketingstrategien bereichern und Umsätze ankurbeln. Doch welchen Zweck erfüllen Pop-up-Stores neben der Umsatzsteigerung? Und wie können auch kleinere Brands diese temporären Standorte umsetzen?

Event und Erlebnis im Pop-up-Space

Gerade erst im Mai 2023 verwandelte Uniqlo das Aufbau Haus in Berlin in ein interaktives Pop-up-Erlebnis. Unter dem Namen House of AIRism lud die japanische Fashion Brand zu K-Pop-Tanzstunden und einem Infinity-Room ein, in dem zu beruhigenden Klängen und künstlerischen Visualisierungen entspannt werden konnte. Ein Konzept, das vorab erfolgreich in Mailand durchgeführt wurde. Wie das Ganze mit Mode zusammenhängt? Kundinnen und Kunden sollten bei den angebotenen Aktionen die Vorzüge der komfortablen und Feuchtigkeit regulierenden AIRism-Kollektion testen können.

Das House of AIRism öffnete nur für einen einzigen Tag seine Türen. Genau das entspricht der Definition von Pop-up-Stores – und ist auch gleichzeitig Teil ihrer Erfolgsformel.

Der Pop-up-Stores sind temporäre Geschäfte, Restaurants oder Events. Diese tauchen meist an einem ungewöhnlichen Standort auf und verschwinden nach einem Tag oder spätestens sechs Monaten wieder. Sie dienen dazu, einzigartige Verkaufs- oder Markenerlebnisse zu schaffen. Pop-up-Stores sind oft in leerstehenden Ladenflächen, Galerien, Veranstaltungsorten oder auch mobilen Einheiten zu finden.

Eine Kombination aus Vergänglichkeit und Produktexklusivität entsteht, die Begehrlichkeit schafft und Umsätze steigen lassen kann. Doch was kann über eine Umsatzsteigerung hinaus mit einem Pop-up-Store erreicht werden?

Pop-up-Store: Unterstützung für Produkteinführung

Viele Brands nutzen Pop-up-Stores für die Einführung neuer Produkte. Damit kann das Interesse von Kundschaft und Medien geweckt sowie direktes Feedback gesammelt werden. Welche außergewöhnliche Form das annehmen kann, wenn man alle Register zieht, zeigte Unilever bei der Produkteinführung von Kinder Ice Cream im Februar 2019. Dafür wurde ein Geschäft in der Hamburger Innenstadt mit Hilfe der Expertise aus Kunst- und Echteisbranche buchstäblich vereist. Zusätzliche Sound-, Nebel- und Lichteffekte verwandelten die klassische Ladenfläche in eine authentisch wirkende Eisgrotte.

 

In dieser besonderen Location konnten Besucherinnen und Besucher die neuen Produkte probieren und durch Mitmachaktionen Teil dieser Eiswelt werden. PR-, Out-of-Home- und Digital-Maßnahmen sowie Influencer-Marketing und eine Pre-Opening-Party mit prominenten Persönlichkeiten unterstützten das Konzept. Über 65.000 verteilte Samples und ein Medienäquivalenzwert von über 3,7 Millionen Euro sprechen für den Erfolg des Konzepts.

Der Medienäquivalenzwert (auch AVE: Advertising Value Equivalent) dient der Erfolgsmessung – vor allem in der PR-Arbeit, aber auch bei Social-Media- und SEO-Kampagnen sowie im Influencer Marketing. Er bezeichnet als Key Performance Indicator (KPI) die Reichweite und Sichtbarkeit eines Posts. Dafür wird die Reichweite in den Geldwert umgerechnet, den diese Reichweite als klassische Mediabuchung gekostet hätte.

Mit Pop-ups können aber auch neue Märkte in punkto Zielgruppe und Gebiet erprobt werden. Gerade wer verschiedene Standorte für sich und seine Marke testen möchte, könnte dem Beispiel des Kosmetikherstellers Laneige folgen, der 2022 statt eines Geschäfts einen Truck zur Eventfläche für seine Marke in New York machte. Dies ist nicht nur eine aufmerksamkeitsstarke Form eines Pop-up-Stores. Mit diesem Konzept ergibt sich auch die Möglichkeit, Testings in verschiedenen Städten durchzuführen, ohne jedes Mal ein neues Geschäft umgestalten zu müssen.

 

Für viele Unternehmen ebenfalls wichtige Ziele von Pop-up-Stores: die Steigerung der Markenbekanntheit und Stärkung des Markenimages sowie das Bewerben von saisonalen Produkten. Wie ein gut durchdachter Pop-up-Store gleich auf all diese Ziele einzahlen kann, zeigte Lush im Dezember 2022 mit der „Lush Lounge“ im Westfield London. Inmitten des Einkaufszentrums bot der Kosmetikhersteller – der vor allem für seine farbenfrohen Badekugeln bekannt ist – einen Zufluchtsort vor dem Weihnachtstrubel. Entspannende Projektionserlebnisse, Massagen und andere Wellnessdienstleistungen mit den Lush-Produkten sowie kleine Weihnachtsgeschenke für die Besucherinnen und Besucher sorgten für Festtagsvorfreude und Momente der Entspannung.

Eine Lush-Pop-up-Area in der Eingangshalle eines Einkaufszentrums mit Theken und Sitzgelegenheiten

© Lush

Erfolg auch für kleine Brands mit weniger Aufwand

Das alles sind beeindruckende Pop-up-Store-Konzepte von etablierten Marken, die häufig über Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgten. Gerade kleinere Brands, die bisher vielleicht ausschließlich online agieren, fragen sich da zu Recht: Geht es auch mit weniger Aufwand und Kosten? Ja! Laut einer Studie von Storefront unter internationalen Einzelhändlern, die bereits eine Pop-up-Store-Aktion durchgeführt haben, bewerteten 80 Prozent diese als Erfolg. Gleichzeitig gaben 44 Prozent an, dass sie weniger als 5.000 US-Dollar für den Shop ausgegeben hatten.

Für kleine Marken gilt somit: Wichtiger als kostspielige, imposante Erlebniswelten sind die genaue Zielsetzung und ein klares Konzept für den Pop-up-Store. Vermittelt er die Botschaft der Marke oder des Produkts? Wie können Beleuchtung, Musik oder interaktive Elemente dabei unterstützen? Hat er das Potential, für Mund-zu-Mund-Propaganda und Kundeninteraktion zu sorgen?

Erfolgreiche Pop-up-Stores können häufig auch mit Bordmitteln auf kleinen Flächen umgesetzt werden. Unternehmerin Carmen Kroll (auch bekannt unter Carmushka) verwandelte beispielsweise zuletzt die Büroräume ihrer Modemarke Oh April für zwei Tage in eine Modeboutique mit Drinks und Snacks, um – so äußerte sie sich auf LinkedIn – in den persönlichen Austausch mit Kundinnen und Kunden gehen zu können. Der sei dabei am wertvollsten, da ausführliches Feedback, zum Beispiel bei Retouren, nur selten vorkomme. Der Verkauf der Kollektion war für sie an diesen Tagen eher zweitrangig.

Wichtig bei einem Pop-up-Store, der nicht allzu aufmerksamkeitsstark gestaltet ist oder der sich nicht in einer hochfrequentierten Lage befindet: das effektive Bewerben via Social Media, lokaler Werbung und Kooperationen. So können Pop-ups auch die Werbestrategien und im Endeffekt die Umsätze kleinerer Marken positiv beeinflussen.

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